Seit dem Beginn der Finanzkrise 2008 kannten die Leitzinsen nahezu aller Industriestaaten praktisch nur eine Richtung, nach unten. Mittlerweile liegt der Leitzins der Eurozone auf dem historischen Tiefpunkt von 0,75%, wobei eine weitere Senkung im Frühjahr nicht unwahrscheinlich ist. Damit dürfte bald das Niveau der USA erreicht sein, wo sich der Leitzins in einer Spanne zwischen 0-0,25% bewegt. Eine Politik des derart billigen Geldes ist mittelfristig natürlich nicht ohne Folgen. Schon jetzt merken wir, dass die Inflationsrate konstant über dem Ziel der EZB von unter aber nahe bei 2% im Jahr liegt. Doch besteht seitens der Notenbank keinerlei Interesse, die Zinsen zu erhöhen um damit inflationären Tendenzen vorzubeugen. Die niedrigen Zinsen erleichtern den klammen Staaten in der südlichen Eurozone nämlich die Refinanzierung, da die Zinsen so künstlich niedrig gehalten werden. Ganz so unabhängig wie gerne behauptet scheint die EZB wohl doch nicht zu sein.
Was bedeutet das für den Anleger. Nicht nur, dass die Leitzinsen niedrig sind, auch können sich die Geschäftsbanken praktisch unbeschränkt bei der EZB Liquidität beschaffen – und das zu einem sehr günstigen Zins. Damit sind sie nicht mehr auf die Einlagen der Sparer angewiesen, da das Geld direkt von der Zentralbank kommen kann. Die Folge sind radikal niedrige Zinsen für Sparbücher und Tagesgeld. Dabei muss die Inflationsrate berücksichtigt werden: Wer also jetzt zu 1,5% pro Jahr sein Geld anlegt, der macht bei einer Inflationsrate von 2,3% jedes Jahr ~0,8% Verlust. Zudem müssen die nominalen Zinserträge auch noch versteuert werden, so dass der reale Verlust unter dem großen Strich noch größer ausfällt. Diese Situation ist auch als finanzielle Repression bekannt. Den Saat, den größten Schuldner, den freut es – den Sparer macht es jedes Jahr ärmer.
Vor diesem Hintergrund sind Sparbücher heute kaum das geeignete Mittel der Geldanlage, da sie trotz scheinbarer Sicherheit nur eine wirkliche Sicherheit bieten: Die Sicherheit, garantiert jedes Jahr realen Verlust zu machen. Auch mit den meisten Tages- oder Festgeldern schafft man es nicht mehr, real die Kaufkraft zu erhalten. Aus diesem Grund sind Sachwerte immer weiter im Kommen. Zu diesen gehören Immobilien, Gold, aber auch Aktien. Auch alternative Anlageinstrumente wie die Wandelanleihe gewinnen in diesem Umfeld an Bedeutung. Mittelfristig wird die Zinssituation vermutlich so bleiben, wenn sie sich nicht sogar noch verschärft. Ein gesunder Mix verschiedener Investments – einschließlich Aktien – ist daher die beste Möglichkeit, sich gegen die schleichende Enteignung zu schützen. Gerade wer in Fragen der Geldanlage nicht besonders bewandert ist, sollte sich jedoch fachmännisch beraten lassen, um Verluste zu vermeiden. Eine Honorarberatung kann helfen, wenn man dem Banker in der Filiale um die Ecke seit der Finanzkrise nicht mehr traut, in diesem Falle muss man allerdings das Portemonnaie aufmachen, denn eine unabhängige Beratung kostet Geld. Wenn dies davor schützt, jedes Jahr durch die finanzielle Repression Geld zu verlieren, dann ist es damit jedoch gut angelegt.
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